06. Februar 2025

Evangelische Religionslehrkräfte bilden sich fort zur Toleranz


Unter dem Motto „Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben“ beschäftigten sich rund 40 Schulpfarrpersonen und evangelische Religionslehrkräfte bei ihrem „Tag für uns“, dem Fortbildungsangebot des Evangelischen Schulreferats Saar und des Religionspädagogischen Zentrums (RPZ) St. Ingbert mit den Fragen, wie Toleranz im Religionsunterricht ausgestaltet werden kann und welche Rolle eine zeitgemäße Religionslehrkraft hat.

Am Vormittag führte Horst Heller, Leiter des RPZ, mit zwei Impulsvorträgen in die Thematik ein und stellte klar, warum die Aussage „Das muss jeder für sich entscheiden“ keine Lösung im religionspädagogischen Alltag darstelle. Ebenso wenig sei aber die Fixierung auf die eigene religiöse Wahrheit noch zeitgemäß.
„Es führt ein Weg von religiöser Wahrheit zur Akzeptanz von Verschiedenen, aber die Religion ist jahrhundertelang falsch abgebogen“, stellte Heller durchaus selbstkritisch fest. Nach der langen Phase christlicher Intoleranz sei der Weg aber heute wieder eine breite Straße, die im Religionsunterricht genutzt werden könne.
Dabei sei „Toleranz“ gegenüber anderen nicht zu verwechseln mit Zustimmung. „Niemand muss gut finden, was ihn nicht überzeugt“, betonte Heller. Wohl aber setze eine von Toleranz bestimmte Haltung die Anerkennung anderer Überzeugungen voraus und auch die Bereitschaft zum Dialog. Der Religionsunterricht, der heute vielerorts konfessions- oder sogar religionsübergreifend stattfindet, biete ein Forum dazu.

Wie seine Vision einer praktischen Ausgestaltung im Unterricht aussieht, erläuterte Heller ausgehend von einem Zitat aus dem Roman „Sofies Welt“, wonach alle Menschen in ihren Ansichten entweder „felsenfest“ oder „gleichgültig“ seien. Hellers Erfahrung nach sei die Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler im Religionsunterricht weder das eine noch das andere, nämlich nicht festgelegt auf eine religiöse (oder auch nicht religiöse) Meinung und durchaus offen für den Austausch mit anderen in Sinn- und Glaubensfragen.
Somit müsse das Ziel sein, die Schülerinnen und Schüler mit ihren unterschiedlichen Hintergründen zum Fragen und zum Nachdenken zu bringen. Wenn es gelänge die „Felsenfesten“ zu animieren, ihre Haltung zu formulieren, ermögliche das den Dialog.

Der Religionslehrperson komme in diesem Sinne im heutigen Religionsunterricht eine gewandelte Rolle zu, auf die Heller in seinem zweiten Impulsvortrag einging. Dabei skizzierte er das Bild eines Religionslehrers als „Influencer religiöser Bildung“, dessen Fachkompetenz, Glaubwürdigkeit und Authentizität in der Kommunikation mit der eigenen „Community“, der Schulgemeinschaft, ihm ein hohes Maß an Anerkennung verschaffe. Der damit verbundene Vertrauensvorschuss ermögliche es der Lehrkraft, den Unterricht zum Dialog zu nutzen.

Vollumfänglich sei das Bild des klassischen Influencers nicht auf die Schule übertragbar, so Heller, schließlich verfolge eine Lehrkraft kein kommerzielles Interesse und es gehe ihr auch nicht um die Zahl ihrer „Follower“, denn „wir haben schon genug“. Dass diese „Fangemeinde“ aber genauso erarbeitet werden müsse, betonte eine Teilnehmerin der Fortbildung in der anschließenden Diskussion. „Die können ja nicht sagen ‚Ich followe nicht mehr.‘, so die Lehrbeauftragte von der Gemeinschaftsschule Marpingen.

Wie das Thema Toleranz aufbereitet wurde, kam bei den teilnehmenden Lehrkräften an. Immer wieder werde die Toleranzfrage im Religionsunterricht thematisiert, sagte auch Sascha Jahn, Lehrer für Evangelische Religion und Chemie am Saarlouiser Gymnasium am Stadtgarten. Die Aktualität sei für ihn die Motivation gewesen, sich bei der Fortbildung anzumelden. „Für viele Schülerinnen und Schüler ist es eine neue Erfahrung, dass man sich nicht immer einig sein muss“, betont er die Vorzüge des Religionsunterrichts.

 

Info:
Der „Tag für uns“, vormals ReligionslehrerInnentag, wird jährlich vom Evangelischen Schulreferat Saar und dem Religionspädagogischen Zentrum St. Ingbert für Lehrkräfte im evangelischen Religionsunterricht zu wechselnden Themen angeboten. Außerdem gibt es alle zwei Jahre den ökumenischen „Tag des Religionsunterrichts“.





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